Die Begründung meiner Entscheidung,

den Dienst mit der Waffe zu verweigern

 

A.)

I.

Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, in irgendeiner Form mich weiterhin für einen Dienst mit der Waffe bereit zu erklären.

 

 

II.

So sehr ich um die Unterschiedlichkeit der einzelnen Menschen weiß, so sehr bin ich überzeugt und so gewiß, daß ich mich in meiner Seinsqualität nicht von meinen Mitmenschen unterscheide.

So will ich mein persönliches Leben als Mensch grundsätzlich nicht über den Wert des Lebens eines anderen Menschen stellen, was jedoch faktisch seinen Ausdruck erhalten könnte, erklärte ich mich weiterhin damit einverstanden, in einer entsprechenden Krisensituation den Dienst mit der Waffe aktiv zu bejahen. In einer so denkbaren, konkreten Situation, in welcher ich mit einem Mitmenschen konfrontiert wäre, der mir mit einer Waffe gegenübersteht, könnte ich auf Grund des naturhaft angelegten Triebes der Selbsterhaltung mir nicht mehr sicher sein, dass ich gemäß meiner Überzeugung zu handeln fähig wäre.

Ich würde in einen Gewissenskonflikt geraten.

 

 

III.

Ich habe für mich erkannt, dass Menschsein ein Auf-dem-Weg-sein bedeutet.

Das heiße ich menschliches Leben.

Dieser, mein menschlicher Weg, bedeutet stetes Entscheiden für ein konkretes Handeln.

Ich habe erkannt, dass jede meiner Handlungen bei gefaßter Wahrnehmung sich auf die Wahl eines von zwei Prinzipien zurückführen lassen kann, wobei die Fähigkeit der Rückführung jedoch auf Grund der mangelnden All-sicht des menschlichen Geistes beschränkt bleiben muss.

Ich setze für diese zwei Prinzipien die Erscheinungen des Lichtes und des Schattens.

 

Zum Prinzip des Schattens gehört vor Allem Unfreiheit und Verantwortungslosigkeit des Menschen.

Unfreiheit heiße ich Entscheidungsunfähigkeit. Entscheidungsunfähigkeit ist der Mangel unter bestehenden Alternativen auszuwählen, sich für eine bestimmte Tat zu entscheiden.

Verantwortungslosigkeit gebiert aus der Entscheidungsunfähigkeit da ich mein Handeln nicht selbst, als Mensch, entschied, ist auch die tatsächliche Reichweite seiner möglichen Wirkung nicht von meinem menschlichen Bewußtsein und Willen getragen und abgesteckt.

 

Als Befehlsempfänger in einer Armee übergebe ich die direkte Verantwortung für mein Handeln.

Dies ist notwendig, da eine Armee gleich einer Maschine auf die festgelegte Funktionstüchtigkeit ihrer einzelnen Teile angewiesen ist.

Zwar ist es möglich, dass eine konkrete, mir von einem anderen Menschen erteilte Weisung mit meinem persönlichen Willen in Übereinstimmung steht; das Befolgen einer solchen Weisung in Form meines darauf antwortendes Tätigsein muss aber auf Grundlage einer verwandten Gesinnung stehen, muss in einem Vertrauensverhältnis gegründet liegen.

Ich kann mich jedoch nicht generell einem System überantworten, welches die Tötung anderer Menschen bejaht, ja allein auf Grund dieser Bejahung ein Bestand des Systems in Friedenszeiten überhaupt Sinn macht. Dies widerspricht meiner innersten, mir bewußt gewordenen Haltung.

 

Der Geist im Menschen sich ausformend entspricht gemäß meiner Gesinnung dem Prinzip des Lichtes.

Der Geist formt sich, bildet sich aus in der Erscheinung, hält aber eine von ihr unabhängige Existenz.

Allein in der Entwicklung hin zum Geist, welcher alles trägt und alles fängt, jedoch nichts hält, befindet sich mögliches menschliches Glück.

Hier gibt es keine Ländergrenzen oder Aufspaltungen in Gesinnungsrichtungen.

 

Der Geist ist ewig, das Prinzip des Zerfalls, der Materie, ist endlich.

 

Ich will und kann mich nicht für zugleich für das Handeln nach zwei Prinzipien entscheiden.

Mir ist es unmöglich geworden, als Soldat für die Bundeswehr weiterhin zur Verfügung zu stehen.

 

 

  

 

B.)

 

 

 

Erst jetzt, nach nunmehr viereinhalb Jahren meiner Entlassung verweigere ich den Kriegsdienst.

Einen Monat nach dem Abitur absolvierte ich die Grundausbildung.

Ich bezeichne es als Spiel', was ich manches Mal stark widerwillig empfindend mitspielte.

Ein Räuber- und Gendarmspiel eines 20-jährigen.

Ich verpflichtete mich für 2 Jahre aus finanziellen Gründen als Gitarrist und Geschäftszimmersoldat beim Musikzug der PzBrig 28.

Verantwortung, weiterführende Verantwortung für mein Handeln als Soldat hatte sich zu dieser Zeit noch nicht entwickelt. Meine Jugend war reich und schön, d.h. Widerstände ertrug ich unbewußt,- vielleicht eine Erklärung für den so späten Zeitpunkt der Verweigerung.

Mir ist es unmöglich mich einem solchem System, welches die Bundeswehr darstellt, zur Verfügung zu stellen, ohne gegen mein Gewissen zu handeln.

Ich will den Dienst mit der Waffe verweigern.