© MERGAT 1993
SOLUS
Der Versuch eines Menschen
mit dem All-ein-sein fertig
zu werden
Ein Schauspiel
von
Michael Stoll
Als
der Kosmos
tanzte
war
die
Erde
eine Zeit,
eine Zeit nur
Spiel-verderber,
bis
sie
ge-reift
zur Musik,
der heiligen Musik
wieder
einschwang.
Personen des Schauspieles:
GENOM Der all-wissende Theaterdirektor
Thomas Grub Musiker
Bühnenbild des Schauspieles
(Entwurf)
Ansicht von Oben:
Ansicht von einer Seite:
Prolog des Schauspieles
Das Bühnenhalbrund ist in starkes weißes Licht getaucht.
Auf dem Bühnenrand in Richtung der Zuschauer sitzt GENOM, läßt seine Füße baumeln und beschäftigt sich mit nichts anderem als die Zuschauer mit ruhiger und konzentrierter Haltung zu beobachten; dabei spricht er:
ALL-EIN
sein
hat
drei
Hindernisse: ---
Erstens: Die Angst
Angst vor dem
ALL-EIN
sein
Zweitens: Die Lang-weile
Lang-weile hin zum
ALL-EIN
sein
Drittens: Die Macht-los-igkeit
Macht-los-igkeit beim
ALL-EIN
sein.
In diesem Schauspiel macht sich ein Mensch auf den Weg, er versucht, sich auf das ALL-EIN-sein einzulassen mit dem ALL-EIN-sein zu recht zu kommen.
Der Mensch, der sich auf den Weg macht, das All-EIN-sein zu erreichen ist Musiker; auf allen großen Bühnen der Städte hat der Musiker Thomas Grub eine Musik gespielt, die den Leuten zu gefallen hatte und anfangs, als Thomas Grub noch als junges, äußerst talentiertes musikalisches Genie galt, auch wirklich die Herzen der Menschen zu bewegen fähig war; Bis der Tag kam an dem Thomas Grub spürte, daß die Musik, die er spielte, der Klang, den er auf seiner Klarinette fabrizierte, immer mehr zur bloßen Äußerlichkeit verkam, er einsehen mußte, daß die Töne, welche er versuchte zu spielen, deren Zusammensetzung aus genialisch glücklichen Augenblicken von Musikern vergangener Zeiten stammte, daß die Noten, welche er spielte, ihm als bloßer Vorwand und Schutz dienten, wie arm und kärglich es in ihm aussah, wie wenig er selbst mittlerweile aus den schöpferischen Tonquellen die Musik erreichen konnte, ja wie von diesen einst strömenden Quellen gleichsam nur noch erstarrte Steingebilde übriggeblieben waren, Überreste bisweilen einst urwüchsig schöner, gewaltiger Katarakte, nun jedoch tot und unlebendig.
Da wurde der Musikant Thomas Grub Opfer eines grausamen Verbrechens; sein wertvolles Instrument wurde ihm auf einer Konzertreise räuberisch entwendet. Wie durch ein Wunder blieb er am Leben. Längere Zeit mußte Thomas Wilbur am Bett gefesselt ruhen und hatte Zeit über sein Leben und sein besheriges Wirken nachzudenken.
Da entschloß er sich dem Konzertleben für eine Weile den Rücken zu kehren und den Weg zu den inneren Quellen der Musik , von denen er in seiner Jugend ausgegangen war, zurückzukehren.
Die folgende szenische Darstellung hat im Großen und Ganzen die authentischen Schilderungen des Musikers Thomas Grub zum Inhalt, die er innerhalb seines Buches <Erinnerungen> der Nach-welt hinterlassen hat.
Bild I
Wüstenankunft
Thomas Grub trägt eine weit geschnittene Hose und Jacke aus Rupfen-stoff. Der Stoff ist hell, daß er im Laufe des Stückes mit dem wechselnden Licht stets eine andere Färbung annehmen kann.
Das Licht in dieser ersten Szene ist rubin-rot .
Das rubin-rote Licht brennt jedoch immer nur drei Sekunden und ist dann wieder aus.
Thomas Grub befindet sich an der hinteren Peripherie des Bühnenraumes; seine Körperhaltung ist verkrampft; der Kopf bewegt sich unablässig hin und her, so, daß diese Bewegung an den Gang von schwarzen Panthern in Zirkuswagenkäfigen erinnert.
Nach einer Weile tritt GENOM, mit einem zeitlos-eleganten Anzug bekleidet, auf; Thomas Grub verharrt in der gegenwärtigen Stellung, das rote Licht bleibt bestehen.
GENOM: Hier bewegt sich Thomas Grub.
Thomas Grub ist Musiker
oder
sagen wir lieber - Musikant.
Thomas Grub hat sich
von der menschlichen Gesellschaft
oder sagen wir lieber
gesellschaftlich durchdrungenen Gemeinschaft
entfernt.
Da Thomas Grub sich zurück -
gezogen hat,
ist es ihm möglich,
sich in einer Art und Weise
hier zu zeigen,
wie er es
in Anbetracht
lächerlicherweise
noch bestehender Vorurteile
draußen,
d.h. auf den Bühnen
der Welt,
auf welchen er
als sogenannter
herausragender
Klarinettist
in Fachkreisen
große Bekanntheit
erworben hat
es sich nicht erlauben könnte.
Kurz-um
unser Musikant
darf sich
in seiner Zurückgezogenheit
so verhalten
wie er sich momentan
fühlt
und das Problem
ist,
wie wir sehen,
daß Thomas Grub mit
dem Abfallen
aller gesellschaftlichen
Ver-pflichtungen
erst einmal
die größten
Schwierigkeiten hat,
sich wie ein normaler
Mensch
zu bewegen. ----
GENOM tritt nun zur Seite und das Bild mit der anfangsgezeigten Bewegung des Thomas Grub wiederholt sich.
Zwischenspiel I
Thomas Grub legt sich ein weißes Tuch um, GENOM legt sich ein schwarzes Tuch um. Das Licht ist gelblich.
Thomas Grub spielt eine einfache Flöte aus Bambusholz.
Er spielt zaghaft wenige Töne, die aber kurz nach ihrem Anklingen wieder verstummen.
GENOM schlägt regelmäßig eine Trommel aus Holz mit überspannter Rinderhaut; ihr Klang ist dumpf und schwer.
GENOM: Ich sehe:
Einmal
All-ein
in
einer
Quelle
da tief
Tau
Tau-regen
war
und
da Flug
Vogel
Vogel-flug
ein-mal war
Einmal...
Die Trommel bricht mit einem Schlag ab, das gelbe Licht wird mit einem Mal stärker, fast grell, und Thomas Grub bläst einen langen getragenen Ton auf der Flöte.
Das Licht erlischt.
Bild II
Fluchtverhalten
Die Dunkelheit in der folgenden Szene wird durch vier, von vorne, hinten, links und rechts, weiß leuchtenden Strahlern durchbrochen.
Thomas Grub, wieder in seinem Anzug aus Rupfenstoff, streicht diesen zurecht, macht Anstalten, als müsse er den Raum sofort verlassen; GENOM beginnt mit Thomas Grub einen Dialog.
GENOM: Thomas Grub,
was macht die Rückkehr
zu deiner eigenen Musik;
was macht diese
für Fortschritte?
Thomas Grub: Du erinnerst dich,
wir standen
damals
vor der Kneipe.
Ich sagte
ich wolle
alles hin -
werfen
ganz
von Vorne
beginnen;
Aber,
weißt Du, (zupft an seinem Anzug)
wenn da
nicht
die Ver-pflichtungen
die gesellschaftlichen
wären.
Nein, diese Idee
diese fixe Idee
zu meiner
Musik
zu kommen;
dieser Traum
selber wieder
schöpferisch
zu sein ...
... doch nichts
für mich.
Ich denke,
ich gehe aus diesem
Asyl,
aus diesem selbst-
geschaffenen
Gefängnis
wieder weg
und arbeite,
wie ich immer
gearbeitet
habe.
Thomas Grub zupft nun weiter an seinem Anzug und schickt sich immer wieder an, den Raum zu verlassen.
GENOM: Nachdem Thomas G.
gespürt hat,
daß er in seiner
Zurückgezogenheit
keinen Halt
keine Form
so schnell
findet;
greift er zu raffinierten
gedanklichen
Konstrukten
wie
"gesellschaftlicher Verpflichtung"
um seine
Selbst-verantwortung
ablegen,
und
in die
wohlpräparierten
Schöße
geselliger Gemeinschaften
zurückeilen
zu können.
Zwischenspiel II
GENOM und Thomas Grub sind wie in Zwischenspiel I gekleidet, stehen sich gegenüber und klatschen sich gegenseitig in die Hände, dabei singen sie:
Als
die
Welle
am
Strand
sich
brach
und
jauchzend
sie
voll
Freude
schäumend
die Kinder
empfingen
Dieses Lied wird dreimal gesungen; erst leise, dann laut, und beim dritten Mal leiser werdent.
Bild III
Unter-Decke-Kriech-Verhalten
Das Licht in diesem Bild ist erdbraun.
GENOM: Thomas, erzähle uns doch
was außer
deinen Fluchtversuchen
sonst noch
für Regungen
zu Beginn deiner
selbst-erwählten
Ein-samkeit
aufkamen.
Thomas Grub sitzt kauernd an der Peripherie, hinten am Bühnenhalbrund; er zittert. Nach der Frage des GENOM wartet er; als er von einem zusätzlichen Scheinwerfer angestrahlt wird, beginnt er langsam und stockend zu erzählen.
Thomas Grub: Es war
vor Allem
ein Zurück-ziehen
ein Suchen
nach Wärme.
Und so
blieb mir
nichts als
ein Zusammenkrümmen
wie ich es
als Kind
in jungen Jahren
getan hatte
wenn Ge-witter
war
ich Angst hatte
und die Decke
über mich zog.
Thomas Grub krümmt sich auf dem Boden und verharrt zitternd.
Zwischenspiel III
GENOM und Thomas Grub mit ihren Umhängen.
Gelbes Licht.
Thomas Grub spielt auf einer Maultrommel. GENOM breitet beschwörend seine Arme aus, benutzt ersterbende Stimme.
Dunkel
kalt
un-nahhbar
stand
der schwarze
Felsen
den
die Häscher
umstellt hatten
Und da!
Es geschah
in dieser
raben-schwarzen Nacht,
daß der Fels zerbarst
unter
Lärm
ohnes-gleichen
ohnes-gleichen
ohnes-gleichen ...
GENOM`s Stimme gerät in ein beschwörendes Murmeln, gleich einem in einem halligen gotischen Dom verschmelzendem Rosenkranzgebet; --- langsam wird die Stimme leiser und das Licht verschwindet im Gleichklang der Stimme.
Bild IV
Wachsam wie der Luchs
GENOM und Thomas Grub sitzen auf dem Bühnenrand und erzählen.
Das Licht ist morgendämmerhaft-rot.
GENOM: Es war einmal ein Leucht-turm-wärter;
dieser Leucht-turm-wärter,
so trug es sich zu,
war alt geworden
und sein Augenlicht schwach.
Dieser Leucht-turm-wärter kannte
den Sohn der Fischerin,
die ihm immer das Essen
zu seinem Leucht-turm
brachte.
Thomas Grub: Dieser Sohn
war von dem Leucht-turm-wärter
aus-er-sehen worden,
den Posten des Leucht-turm-wärters
zu über-nehmen.
GENOM: Aber daß der Leucht-turm-wärter
ganz sicher
sein konnte, daß
der junge Fischerssohn
namens Emanuel
auch zuverlässig
das Amt des Leucht-turm-wärters
übernehmen werde -
Thomas Grub: - gab ihm der Leucht-turm-wärter
eine Aufgabe.
Er sagte zu Emanuel:
Steige
auf meinen Turm.
Ich werde mit einer
Orange
in die Stadt gehen
und auf den Balkon
des Polizeipostenleiters
steigen.
Du hast mir zu sagen
mit welcher Farbe
der Griff des Messers
versehen ist,
mit welchem ich
diese Orange
schneide.
GENOM: Und so wie es der alte Leucht-turm-wärter
gesagt hatte,
so geschah es.
Der Fischerjunge Emanuel
stieg auf den Leucht-turm
und der Leucht-turm-wärter
ging in die Stadt
auf den Balkon
des Polizei-posten-leiters,
nahm die Orange
aus der Tasche
und schnitt
mit einem Messer
dessen Griff
orange-farben
war
die Orange.
Sodann
stieg der Leucht-turm-wärter
zu seinem Nachfolger,
dem Fischer-jungen
hinauf
und fragte ihn,
welche Farbe
der Griff des Messers
gehabt habe.
Der Fischerjunge
hatte mit seinen
jungen und scharf-sichtigen
Augen klar erkannt,
daß der Griff des Messer
diesselbe Farbe
wie die Frucht
trug
und er sagte dies
dem alten Leucht-turm-wärter.
Thomas Grub: Als dies
Emanuel
gesagt hatte
gab der Leucht-turm-wärter
dem Fischer-jungen
die Leucht-turm-wärter-kappe
und konnte
beruhigt
zu seinem Häuschen
hinter den Dünen
gehen.
Das Licht erlischt allmählich.
Zwischenspiel IV
GENOM spielt die Trommel in gleichmäßigen Schlägen im Tempo eines beschwingten Gehens, zwischendurch spielt er kleine, bewegte rhythmische Figuren.
Thomas Grub spielt die Flöte, ausgehend von dem Ton G, langsam und vorsichtig steigend zu dem Ton D.
GENOM und Thomas Grub haben ihre Umhänge angezogen.
Das Licht ist wie im vorigen Bild, nur ein wenig intensiver.
Bild V
Graulich, Graulich
GENOM und Thomas Grub singen in Nebelschwaden gehüllt das
Lied von der Graulichkeit
Graulich, Graulich
unbeschaulich
lebt es sich
im Super-trott
...tott,tott,tott...
Die Zeit
die kennt bald keine Wunden
Graulich, Graulich
jede Not
scheint überwunden
(Thomas Grub, streng)
Durch Ab-härtung,
gewissermaßen
durch
absolute Ab-härtung!
Graulich, Graulich
un-beschaulich
liegen
wir im Trott
ganz flott
(GENOM spricht scharf-schneidig-spöttisch-
ungeniert)
Und denkt
noch jemand
ungeniert
wie graulich, graulich
ist
die Welt
so wird ihm
Graulich, Graulich
ganz einfach:
Zugestimmt!
Graulich, Graulich
unbeschauhlich...
(Thomas Grub, moderartorenhaft routiniert)
Ein Beispiel:
Berlin, Kuhdamm
Ecke Kant-straße
Porsche
Quietschen
alter Mann
wird fast
überfahren
und --
der Mann aus dem Porsche
steigt aus
und
Graulich, Graulich (zusammen)
er hätte,
so flucht er laut,
beinahe seinen
Porsche
zusammengefahren.
Graulich, Graulich
unbeschaulich ...
(Thomas Grub, jahrmarktbudenverkäuferhaft)
Und noch ein Beispiel!
Graulich, Graulich
unbeschaulich
liegen sich
ein Ehemann und Ehefrau
ganz geil
in einem Restaurant
im Süden Deutschlands
in den Augen,
tief ins Gespräch vertieft;
ganz routiniert dabei
wird zum Essen
ihr kleiner Junge
der Ehesproß
in dreckigem Trainingsanzug
und zottigen Haaren
am Tisch vorbeilaufend
am Schopf gepackt
und - gräuslich, gräuslich -
werden die
kalten Spagetthi
auf dem Tisch
in den kleinen Kerl
mit Gewalt und
Faust im Nacken
bis nah zum Erbrecken
hineingestopft
Graulich, Graulich
unbeschaulich
so liegt
die Welt
im Trott
ganz flott ...
Graulich,Graulich (Wdh. ad lib.)
Der Nebel ist undurchdringlich geworden, das Licht erlischt.
Zwischenspiel V
GENOM singt und Thomas Grub spielt die Trommel.
Do-la-he
et
Do-la-ha
et
Do-la-so-li-da
GENOM singt dieses Lied insgesamt dreimal. Das erste Mal sehr leise, das zweite Mal sich steigernd bis zu einer relativ großen Lautstärke, beim dritten Mal nimmt diese wieder ab.
Bild VI
Hetz dich, Hetz dich
Thomas Grub bewegt sich auf der Stelle joggend.
Das Licht besteht aus Strahlen mit grünem Licht.
GENOM:In einer Zeit
da sie ihn
nannten
den hohlen Max
von der
Laterne
da er, der Max
jeden Abend
eine Runde
um den gelben
Wohnblock
lief
Und da
sie ihn
an der
Laterne
so ganz
öfters
pass-ieren
sahen
da war
es öfters
ein Ge-munke ---
... ob der
mit seiner Frau
wohl keine
Freude hätt ...
Der Max
von der Laterne
der hatte
davon
keinen blauen
Dunst
und
der Max
von der
Laterne
läuft
ganz flott
jeden Abend
um den
gelben
Wohnblock
rum.
Doch
da geschah
es einmal:
Es knickst
ganz plötzlich
unser
Max an
der Laterne
mit seinem
rechten Haxen
plötzlich
um,
und,
die Leute,
die still
an der
Laterne wohnen
schauen
voller
Mitleid
dem armen Max,
der humpelt,
nach.
Und
so lief
der Max
von der Laterne
nun schon
drei Wochen
nicht mehr
um
den
gelben
Block herum;
bis --
eines schönen Tages
mit Sonne
unser Max
von der Laterne
ganz frisch
die Straße
wieder
runter-lief
und ---
die Leute,
die dachten
ganz still
und heimlich,---
... ob der
mit seiner
Frau
wohl keine
Freude
hätt ...
Pfeifend wendet sich GENOM ab, das Licht geht aus.
Zwischenspiel VI
Thomas Grub hält eine Blechwanne auf der er eine rote Murmel hin und her-laufen läßt, indem er die Blechwanne verschieden schräg hält.
GENOM schnitzt mit einem Messer an zwei Stöckchen und versucht mit diesen auf dem Boden einen Rythmus zu schlagen; nicht zufrieden mit der Brauchbarkeit seiner selbstgeschnitzten sticks, beginnt er wieder an den Stöckchen zu schnitzen.
Das gelbe Licht hellt in diesem Bild langsam auf und nach einer Weile wieder ab.
Bild VII
Die beiden Alten und der Hirsch an der Wand
GENOM erzählt; Thomas Grub setzt sich hinzu, wie ein Kind, welches auf ein Märchen lauscht.
GENOM:Es war einmal
ein alter Mann
und eine alte Frau.
Sie liebten sich,
hatten schon viele
Gefechte
miteinander ausgefochten,
sich aber des Abends
- wie so gesagt wird -
immer eine gute Nacht
wünschen können.
Sie lebten
in einem kleinen
Häuschen
in einem Vorort
einer großen Stadt;
eines Tages
hielt ein
dunkles,
handfeuerwaffenartig
aussehendes
Auto
vor ihrem Häuschen;
Heraus
stieg ein
Mann
in mittleren Jahren,
dunkle Brille,
Lederjacke
und schleppte
ein großes braunes
Paket
unter seinen Armen;
der Mann
klingelte
an der Haustür
der beiden Alten.
Der alte Mann
öffnete
die Tür;
-- offensichtlicherweise
handelte es
sich
um einen Vertreter,
der sich geschickt
in die Wohnung
der beiden Alten
drängelte.
Dort breitete
der Vertreter
den Inhalt
seines Paketes
aus:
Es war ein
großes
dick mit Öl
bemaltes
Bild
eines brüllenden
Hirschen.
Nach einer Stunde
hatte
der Mensch
in mittleren
Alter sein
Paket
wieder
zusammen-gepackt
und düste
mit seinem
Fahrzeug,
das aussah,
wie eine
Handfeuerwaffe
wieder auf
und davon.
Er hatte
seinen brüllenden
Hirschen
nicht verkaufen
können.
Das in diesem Bild hellblaue Licht erlischt.
Zwischenspiel VII
GENOM und Thomas Grub liegen sich bäuchlinges gegenüber, haben je den rechten Ärmel zurückgezogen und stemmen miteinander die rechten Arme.
Ihre wechselseitig angestrengten Geräusche haben eine merkwürdige Verwandschaft zu einem gregorianischem Choral.
Das gelbe Licht wird leuchtet auf, - und nach einer Weile wieder ab.
Bild VIII
Homo ludens
Thomas Grub spielt mit einem Steckspiel.
GENOM hält einen Vortrag, in der Haltung eines dozierenden
"Oberlehrers" alter Coleur.
GENOM: Ich spreche vor Ihnen vom
HOMO LUDENS,
dem spielenden Menschen:
Gehen Sie
auf eine Fußgängerzone
nehmen eine Gitarre
in die Hand,
und singen
einige Lieder.
Nun spüren sie
ob jemand
stehen-bleibt
und zuhört.
Sie werden spüren,
daß die lärmende Stadt
ver-schwindet,
sie hören nur
die Töne,
die von Ihnen
gestaltet werden
und sie sehen
die Augen
des Gegen-über.
Und dann,
wenn sie dies
erlebt haben,
legen sie
ihre Gitarre
in einen Kasten
und gehen allein
in einen Wald.
Dort
setzen sie sich
auf einen Baumstumpf
und versuchen
den Gesang der Vögel
- zu empfehlen ist die Dämmerungszeit -
zu hören.
Und, ---
gefällt Ihnen
der Gesang
eines Vogels
ganz aus-gezeichnet,
so widmen
sie sich,
lauschen sie
nur ihm.
Und ist zuletzt
nur dieser Gesang
geblieben, sodaß
die Stimme des Vogels
gleich-sam in Ihnen
tönt,
gehen Sie
nach Hause,
entfernen
aus einem Raum
alle Möbel,
streichen sie
die Wände
in einem hellen
weißen
Ton;
setzen Sie
sich
in die Mitte
des Raumes
und lassen Sie
die Augen
des Menschen
in der Fußgängerzone
und die Stimme
des Vogels im Wald
in ihrer Erinnerung
wieder aufleuchten.
Und nun
hören Sie
den Gesang des Vogels
und sehen die Augen,
setzen Sie sich
lassen Sie sich inspirieren
und schreiben
Sie ein Gedicht.
Und mit diesem
Gedicht
leben sie
zwei Wochen;
singen
tanzen
die Verse
am Morgen
am Mittag
und am Abend
und dann
werden sie,
falls sie
alles genaustens
befolgen,
ich verspreche
es Ihnen,
ein
richtiger
echter
HOMO LUDENS.
GENOM verbeugt sich und läuft über das Steckspiel des Thomas Grub, gespielt staksig, die Beine hebend.
Das rot-blaue Licht erlischt.
Zwischenspiel VIII
GENOM streicht auf einer Violine eine Melodie.
Thomas Grub singt in der gleichen Tonlage dazu folgendes Lied, trägt in der Hand eine Dompteurpeitsche.
In der Tierschau
eines Zirkus
lebte einst
die Löwin
Alma ---
war schon alt,
viele Jahre
alt.
Löwin Almas
einzige Nummer war
nunmehr,
nur dazusitzen auf dem
Podest
und die Raubtiernummer
groß und
vielgezahl
mit Hilfe ihrer
Anwesenheit
zu schaffen.
Löwin Alma
lag zumeist
im Zirkuswagen
schläfrig im
Gekäfig,
schüttelte
die Fliegen
vom Gepelz
und machte sich
beizeiten
den Spaß
einen Tierschaubesucher
tief,
ganz tief
und
durchdringend
anzuschauen...
Thomas Grub und GENOM verharren kurz in ihren Bewegungen.
Plötzlich peitscht Thomas Grub und das gelbe Licht erlischt.
Bild IX
Machtinstinkt oder "die holistische Perspektive"
Thomas Grub macht in diesem Bild isometrische Muskelübungen.
Genom trägt eine kleine Katze in einem Käfig herein und stellt den Käfig vor Thomas Grub auf.
Das Licht ist rot, flackert manchmal.
Thomas Grub spricht zur Katze:
Lächerlich, lächerlich
werde ich sie
machen,
darauf kannst Du
Gift nehmen.
Es gibt nichts
was nicht möglich
ist
auf dieser Welt;
lächerlich
lächerlich werde
ich sie alle
machen.
Nun kommt Genom, öffnet den Käfig, nimmt die Katze aus dem Käfig, stellt sich mit ihr abseits und beobachtet Thomas Grub, der seinen Monolog in der selben Art und Weise wiederholt.
Schließlich macht Thomas Grub still noch eine Weile die Muskelübungen, bevor das Licht ausgeht.
Zwischenspiel IX
GENOM und Thomas Grub musizieren gemeinsam.
GENOM spielt rhytmisch die Trommel.
Thomas Grub spielt die Flöte.
Bild X
Segel fliegt davon
GENOM erzählt; Thomas Grub macht dazu Pantomime.
Ein Mensch
flicht sich
einen Blumenkranz
und geht auf eine
Kuhweide.
Dort sind
Kühe
und grasen.
Als aufrecht
der Mann
auf die Kühe
zugeht,
haben die Kühe
Rspekt und
Angst,
obgleich der Mann
einen Kranz
von Blumen
auf dem Haupte
trägt.
Wie zum
Ex-periment
legt der
Mensch
sich mit
dem Blumenkranz
auf die Weide.
Die Kühe
eben noch
viehisch
angstbesessen
davon-eilend,
laufen blöde
zu dem liegenden
Menschen
mit dem Blumen-kranz
fressen ihm
molmend
das Geblüm
von seinem
Kopf.
Thomas Grub molmt das nicht vorhandene Geblüm auf GENOMS Kopf.
Das grasgrüne Licht erlischt.
Zwischenspiel X
Thomas Grub
sitzt vorne am Rand des Bühnenhalbrundes und spielt die Flöte, mit getragenen Tönen, "wie für sich und deshalb so schön".Bild XI
Mastbruch
Das weiße Licht flackert wie Wetterleuchten.
Thomas Grub erzählt;
GENOM macht der Pantomime ähnliche Gebärden.
Ein Kapitän
auf einem Schiff
hält das Steuer,
das Ruder
eines Ver-gnügungs-segel-bootes
drei-mastig und selten
in der Hand.
Die Brise
ist sanft;
die Touristen
fünf an der Zahl
sonnen sich
auf dem klein
bemessenen
Deck.
Wolken
ziehen auf,
der Kapitän
mahnt
die Passagiere
Schwimm-westen
und Öl-zeug
an-zu-ziehen.
Als
die letzte Schnalle
der letzten Schwimm-weste
zu-ge-schnallt ist,
beginnt ein Un-wetter.
der Kapitän
mahnt
die Mannschaft
bestehend aus
Pit Pattern
Pat Smatgocke
und Oliver Giesenhals
die Segel
ein-zu-ziehen.
Doch,
das Kommando
kommt
zu spät; ---
krachend
kracht
der Haupt-mast
des Vergnügungs-schiffes
auf das
Sonnen-deck.
Das an ein Wetterleuchten erinnernde Licht erlischt.
Zwischenspiel XI
Thomas Grub
steht vorne am Bühnenrand und spielt Flöte in getragenen Tönen weit in den Raum hinein.
Bild XII
Segel im Wind am Mast
Eine goldene Leinwand wird hinuntergelassen.
Im Vor-grund der Leinwand bewegen sich Thomas Grub und GENOM in weißen Gewändern und weißen Masken. Ihre Worte sind gewählt, bemessen im Sprach-duktus.
GENOM: Ruh-zeit
Thomas Grub: Raum
GENOM: Still
Beide ver-harren mit ihren Körpern im Stand.
Thomas Grub: Be-
we-gungGENOM: Heiter
Leicht
Frei
GENOM u.
Thomas Grub: Ruh-zeit (Hier erst Bewegung des Körpers,
dann Sprache)
- Licht aus -
Epilog des Schauspieles
GENOM sitzt vorne in der Mitte am Bühnenrand wie schon während des Prologes. Thomas Grub sitzt bei Seiten in Ruhe und hört zu.
Liebe Dabei-gewesenen,
kam sie Ihnen ein wenig unklar vor, die Genesung des Musikanten Thomas Grub zum Musiker Thomas Grub, so lag es sicher daran, daß es Ihnen so ging wie in der Geschichte von der Krankenschwester und dem heiseren Hahn.
Ich erzähle <Die Ballade von der Krankenschwerster und dem heiseren Hahn>.
Thomas Grub spielt hierzu abwechselnd Flöte und Trommel.
In einem
Krankenhaus
da war abseits
ein Hühnerhof
und es war
eine Krankenschwester,
die lief,
wenn ihre Schicht
dran war
am Hühnerhof vorbei
ins Krankenhaus.
Doch eines Sommertags
das sie an dem
Hühnerhof
vorbei-ging,
da sah sie den Hahn
des Hofs
ganz schrecklich
krächzen.
Und da der Hahn
nicht krähte,
sondern krächzte,
da glaubte
sie
der Hahn, er hätte sich
verschluckt;
da ging sie zur Pforte,
die Krankenschwester
und öffnete sie
ganz sacht
daß ja keine
Hennen aus dem
Hühnerhof
fliehen konnten,
ging in die Ecke
wohin den Hahn
sie trieb,
packte ihn
und wollte ihm
in die Kehle
greifen
Empört wies dies
der Hahn zurück
und pickte ihr
in ihre Nase.
Ent-setzt
lies die Krankenschwerster
den Hahn nun los.
Blutend mußte sie
von ihrem
P-L-A-N-
nun lassen.
Als
am nächsten Tag
die Krankenschwester
mit Pflaster
finster blickend
am Hof vorüberkam
da krähte
krähte
munter
unser Hahn. ---
- E N D E -